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…,wenn ihr könnt, sendet mir Lebensmittel, Geld, es ist mir schwer, Euch, meine Lieben darum zu bitten.

Erna Berl, Brief vom 6. November 1940 aus Gurs an ihren Sohn Fritz

Arbeitskommandos

Republikanischen Garden

Die nach dem Ende des spanischen Bürgerkrieges nach Frankreich geflohenen Angehörigen der Republikanischen Garden sollten ursprünglich nicht auf Dauer in Frankreich und damit auch im Lager Gurs bleiben.

Der Umstand, dass viele der aus Spanien geflohenen Soldaten und Zivilist*innen Frankreich nicht verlassen wollten, bot der französischen Regierung die Möglichkeit, sie auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahr 1938 den Arbeitskommandos für ausländische Arbeiter zuzuteilen. Deshalb hielten sich im Dezember 1939 noch 140.000 aus Spanien geflüchtete Angehörige der Republikanischen Garden in Frankreich auf, darunter auch 60 in Gurs Internierte aus dem Saarland.

Compagnies de travailleurs étrangers

Die Gründung der Arbeitskommandos für ausländische Arbeiter, der „Compagnies de travailleurs étrangers“ (CTE), ging auf das „Gesetz über die Organisation der Nation in Kriegszeiten“ zurück, das am 11. Juli 1938 in Kraft getreten war. Es sah vor, dass Ausländer*innen in Frankreich, die das französische Asylrecht in Anspruch nahmen, Leistungen allgemeinnütziger Art („prestations“) erbringen sollen. Ein Dekret vom 20. März 1939 stellte zudem sicher, dass dies auch für die in Frankreich verweilenden Spanienflüchtlinge galt. Darauf folgte im April 1940 ein weiteres Dekret, dass diese Maßnahme auf alle männlichen Ausländer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren ausweitete. 

Erste CTE-Einheiten wurden im April und Mai 1939 in Le Bacarès zusammengestellt. Ab April 1939 entstanden erste Einheiten der „compagnies de prestataires“, wie die CTE im Volksmund hießen.  

Nach der Kriegserklärung Frankreichs am 3. September 1939 und der damit verbundenen Mobilisierung von mehr als fünf Millionen Soldaten herrschte Arbeitskräftemangel. Es fehlten 700.000 Arbeitskräfte, so die Schätzung des damaligen französischen Arbeitsministeriums. Daraufhin wurde die CTE erweitert. Ein Dekret vom 13. Januar 1940 führte die Dienstpflicht bzw. „prestations“ für ausländische Geflüchtete ein. Dies galt für ausländische geflüchtete Männer im Alter zwischen 20 und 48 Jahren. Dahinter stand der Plan, die Arbeitskraft der in Auffanglagern internierten Geflüchteten zu nutzen. Die CTE waren dem Verteidigungsministerium zugeordnet. Demzufolge sollten alle Prestatäre eine braune Uniform tragen, was jedoch aufgrund des Mangels an Stoff nicht umzusetzen war. Die Einheiten hatten Kompagniestärke und bestanden aus 250 Männern. Im Sommer 1939 waren die Prestatäre, darunter auch die in Gurs internierten Spanienflüchtlinge aus dem Saarland, beim Bau der Maginot-Linie, in der Landwirtschaft oder im Straßenbau im Einsatz. So wurde beispielsweise der vormalige saarländische Spanienkämpfer Johann Eberhardt für Schanzarbeiten in Lothringen eingesetzt. 

Als Entlassungsgründe galten nur der Eintritt in die Fremdenlegion oder in die Französische Armee und die Emigration aus Frankreich.

Arbeitskommandos unter der Vichy-Regierung

Nach der Etablierung der Vichy-Regierung ging ab Oktober 1940 die Zuständigkeit für die Arbeitskommandos mit ausländischen Arbeitern vom Verteidigungsministerium auf das Arbeitsministerium über. Diesen Wechsel bezeugte die neue Bezeichnung der Arbeitskommandos als „Groupement de travailleurs étrangers (GTE)“. Die GTE waren größere Einheiten, denen die CTE zugeordnet wurden. Bereits am 17. September 1940 trat das Gesetz über den Status der in der nationalen Wirtschaft überzähligen Ausländer in Kraft. Es erlaubte die aufgrund politischer oder rassischer Verfolgung nach Frankreich geflohenen Männer im Alter zwischen 18 und 55 Jahren in die Arbeitskommandos für ausländische Arbeiter einzugliedern. Im Juli 1941 bestanden 50 GTE, die rund 60.000 Arbeiter umfassten. Damit war die Mehrzahl der internierten Männer in Arbeitskommandos eingegliedert. 

Die GTE wurden in allen wirtschaftlichen Bereichen eingesetzt. Im GTE in Agde wurde in der Landwirtschaft gearbeitet. Straßenbau, Erd- und Forstarbeiten waren die Einsatzfelder der GTE in Tombebouc, Vidauban, Mauriac oder in Ruffieux. Im Bergbau in Carmaux und Castres wurden die Männer des 159. GTE eingesetzt. Ein Groupement, dem auch zahlreiche saarländische Internierte in Gurs zugeordnet waren, wurde in Annecy im Stahlwerk eingesetzt. Auch in der chemischen Industrie, etwa in St. Auban, waren Arbeitskommandos tätig.

Für die jüdischen Internierten gab es eigene Groupements in Aubagne, La Besseyse-St. Mary, Charbrenes, Manzat, Mauriol, Ruffieux Septfonds, Sondeilles, Tombebouc und Vidauban. In Septfonds  beispielsweise wurde der 1935 vor rassischer Verfolgung nach Belgien emigrierte Saarländer Edmund Feis aus Spiesen eingesetzt. 

Die am 22. Oktober 1940 deportierten jüdischen Saarländer waren dem 518. GTE in Annecy zugeordnet. Es waren vor allem die jüngeren Männer, die dafür herangezogen wurden.

Der Tageslohn entsprach dem Wehrsold in der französischen Armee der 3. Republik: 50 Centimes. Diejenigen, die den Strapazen nicht standhielten, wurden als dienstuntauglich zurück in die Lager geschickt. 
Der Einsatz in einem Arbeitskommando bot die Möglichkeit zur Flucht oder bot den internierten Ausländern, die nicht vor rassischer Verfolgung geflohen waren, einen gewissen Schutz und sicherte deren Überleben. Einen vollständigen Schutz vor Verhaftung durch die Gestapo bot der Einsatz in einer GTE jedoch nicht. Der saarländische Spanienkämpfer Ernst Braun beispielsweise war der 252. GTE zugeordnet. Er wurde dort verhaftet und an NS-Deutschland ausgeliefert. 

Auch griff die Organisation Todt auf die Internierten zurück und rekrutierte sie für die Arbeitseinsätze im besetzten Frankreich. 

Die internierten jüdischen Ausländer hingegen schützte der Einsatz in einem Arbeitskommando kaum oder gar nicht. 

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